Ein Heartlander im Salzwasser Südnorwegen's auf alles was beisst... HFFlogo
..und das ist jede Menge!

Diese Reise war was für Kurzentschlossene! Im Juli rief mich mein Freund Rainer mit dem ich in Virginia studiert hatte (aber seitdem nicht mehr gesehen hatte) an, einfach um mal „Hallo“ zu sagen. Und wie es sich für alte Angelfreunde gehört, kam das erste Gespräch nach vier Jahren innerhalb weniger Minuten aufs Fischen. Naja, und eine halbe Stunde später hatten wir uns entschieden, nach Norwegen zu fahren, so einfach ist das. Aber so richtig spontan war unser dritter Mann an Bord (Nicolas), der sich einen Tag vor der Abfahrt noch zu uns gesellte.

Am 3. September ging's dann endlich los. Rainer ist früh um 4 aus Zug in der schönen Schweiz losgefahren und auch Nicolas stand um diese Zeit schon am Münchner Hauptbahnhof um seinen ICE nach Frankfurt zu kriegen. Ich hab da natürlich noch geschlafen. So gegen 10 hatten sich dann alle Frankfurt eingefunden und wir konnten die Reise voll bepackt zu dritt in Rainer's Kombi fortsetzen. Da jeder viel zu erzählen hatte, verging die 10-Stunden-Fahrt nach Hirtshals an die Nordspitze Dänemark's wie im Flug und wir erreichten unsere Nachtfähre (die 1:15 Uhr ablegen sollte) bequem. An dieser Stelle noch mal ein Dankeschön an den netten Herrn vom Check-In, der Nicolas trotz fehlender Reservierung kostenlos mit auf die „Christian IV“ liess. Hier nun ein guter Tipp an alle, die auch mal die Nachtfähre nehmen wollen: Bei der Reservierung der Kabine nicht „Couchette“ angeben, auch wenn es die billigste Unterkunft ist!!! Naja, wir sind jung und wollten Geld sparen… Nur soviel, die Couchette ist eine Sardinenbüchse auf Deck Nummer 1 (von 10),

noch unter den Parkdecks, unter der Wasserlinie sowieso, nicht weit vom Maschinenraum entfernt und das alles nach unzähligen schweren Wasserschotttüren (im Notfall ist man damit sicher der erste im Rettungsboot)! Egal, wem das noch nicht genug Abenteuer ist, der nimmt wie wir eine 2-Mann-Couchette für 3. Während alle anderen noch schliefen hat uns gegen halb 6 die Luft unter Deck auf's Oberdeck gezwungen, wo wir für unsere Strapazen mit einem grandiosen Sonnenaufgang mehr als entlohnt wurden. Morgens halb acht setzten wir dann unsere Füsse das erste Mal auf Norwegischen Fels! Und noch eine Stunde später wurde der erste Fisch gelandet! Hab ich überhaupt schon erwähnt, wohin die Reise ging? Wir hatten uns die traumhafte Insel Flekkeroy ausgesucht, und das aus mehreren guten Gründen. Zum einen ist sie nicht einmal eine halbe Stunde vom Fähranleger weg, sodass man nach der (Tor-) Tour am ersten Tag schön ausgeschlafen ans Angeln gehen kann (sofern man eine richtige Kabine hatte).

Zum anderen ist Flekkeroy dafür bekannt, dass um sie herum ein richtiger Schärengarten aus vielen kleinen und grösseren Inseln ist, sodass selbst bei schlechten Wetter und Wind immer eine gute Stelle zum Fliegenfischen vorhanden ist. Damit ihr einen Eindruck gewinnt, hier ein paar Bilder. Auch gibt es um Flekkeroy viele Kanäle, Strömungskanten und Untiefen (zum Teil kamen Unterwasserberge von 70m bis kurz unters Boot). Gewohnt haben wir 3 in einem netten Ferienhaus mit eigenem Steg und Boot. Ohne Boot geht's zwar auch wenn man nur Fliegenfischen möchte, aber man sucht dann lange auf der schwer zugänglichen Insel nach geeigneten Stellen!

So, nun endlich zum eigentlichen Thema, dem Fliegenfischen im Salzwasser auf alles was so beißt. Wir haben zwar auch mit der Spinnrute (welche man auf jeden Fall dabei haben sollte falls das abwechslungsreiche Wetter Fliegenfischen nicht zulässt) gefischt, aber hier soll's nur ums Fliegenfischen gehen. Außerdem hab ich ganz eindeutig mehr und größere Fische mit der Fliege gefangen. Da es das erste Mal war, dass ich in Norwegen im Salzwasser mit der Fliege gefischt habe, ist das bestimmt noch ausbaufähig. Es ist also meiner Meinung nach mitnichten nur ein Zeitvertreib und brotlose Kunst, mit der Fliege die Schären und Häfen abzuklopfen, obwohl ich außer uns keine weiteren Fliegenfischer gesehen habe. Auch wenn es wenige Glauben wollen, es macht wahnsinnig viel Spass, man bekommt viele Bisse und fängt die unterschiedlichsten Fische.

Was die Ausrüstung anbetrifft, so hab ich es einfach gehalten. Da ich leider noch kein Rutenarsenal wie der Markus besitze, musste ich mit meiner 8er DS2 und der 6er XP (beide 9 Fuss) auskommen. Es stellte sich schnell heraus, dass nur die 8er in Frage kam, da selbst eine Makrele (für Ihre Grösse die besten Kämpfer) eine 6er Rute bis ins Handteil durchbog. Wenn ich das nächste Mal hinfahre, ist auf jeden Fall noch eine 10er Rute mit im Gepäck, da auch die 8er schnell an ihre Grenzen kam. Dazu ist eine grosse Large Arbour Rolle wichtig, welche auf der einen Seite den Schusskopf, Runningline und ca. 200m Backing aufnehmen können muss. Auf der anderen Seite sollte sie schnell Schnur aufnehmen können und eine gute Bremse haben (welche dort auch auf jeden Fall zum Einsatz kommt). Man kann zwar so viele Schussköpfe kaufen wie man will, aber wirklich sinnvoll sind nur 2: ein schwimmender (ggf. mit schnell sinkendem 9ft Leader) mit dem man den Bereich zwischen 0 und 3 - 4 Metern prima beangeln kann und auf jeden Fall ein schnell sinkender für Tiefen zwischen 4 und 12 Metern, notfalls auch 15 Metern (aber tiefer geht's kaum). Bei dem sinkenden hab ich sehr gute Erfahrungen mit dem 3M „Wet Cell IV“ gemacht (es muss nicht immer ein Teeny sein), welcher so um die 300grains hatte und selbst schwimmende Streamer zügig auf 10 Metern Tiefe brachte. Übrigens macht es Sinn, Streamer zu verwenden, die genauso schnell sinken wie der Schusskopf. Dazu noch eine monofile Runningline (nicht zu dünn, 35lbs hatte ich) und ein 30er bis 35er Vorfach und schon kann der Köder angeknotet werden.

Ich möchte hier keine Regeln aufstellen, da ich glaube, man kann fast mit allen Streamern in Norwegen gut fangen. Selbst der Wirkungskreis meines Crazy Charly ist nicht auf die Karibik begrenzt, mit ihm konnte ich schöne Makrelen landen. Auch Shrimpmuster gehen gut. Dennoch waren meine erfolgreichsten Muster Fischchenstreamer zwischen 10 und 15cm mit Epoxykopf und grossen Augen. Nicht verwundert hat mich, dass vor allem ein blauer Rücken mit schwarzen Streifen viele Bisse brachte. Der war wohl dem Futterfisch Nummer 1 (Makrele) hier am ähnlichsten. Auch mit Polar Magnus und ählichen Wooly Bugger Mustern hab ich gut gefangen. Nur sollten die Streamer nicht zu klein sein, da sonst viele kleine Fische (Dorsche, Seelachse, Lippfische, usw.) zu Schaden kommen. Wichtig ist noch einen grossen salzwasserfesten Haken zu verwenden, der möglichst weit vorne am Köder sitzt. Zum einen spielt dann der Streamer besser, zum anderen sitzt er nicht gleich bei jedem Fisch tief im Schlund.

Keine Angst, Fehlbisse sind trotzdem selten, auch kleine Pollacks oder Seelachse inhalieren einen 10cm Fisch! Irgendwie waren alle Fische in Norwegen viel aggressiver als sie das normalerweise zum Beispiel auf Fehmarn sind. Achso, versucht den Epoxykopf innen hohl zu halten, sonst ist der Streamer zu schwer und wird zum Geschoss. Falls Interesse besteht, kann ich die Streamer ja mal im Winter vorbinden.
Fangen kann mit der Fliege wie gesagt fast alles. Die Hauptfische sind sicher Pollack, Seelachs, Dorsch, Makrele und Hornhecht, aber auch andere Dorschartige und Lippfische (mitunter 50cm lang und kunterbunt) haben sich von uns überlisten lassen. Meerforellen haben wir zwar oft und in stattlichen Grössen gesehen, nur gefangen haben wir halt keine. Sie haben es lieber vorgezogen in der Nacht sich den Bauch mit kleinen roten Käfern vollzuschlagen, welche sie von der Wasseroberfläche absammelten. Es war zum Haare ausraufen! Umso mehr hat mich dann folgendes Ereignis verwundert, was ich so noch nicht erlebt hatte.

Als ich einen knapp 60cm langen Pollack schon fast vor dem Kescher hatte, wird dieser plötzlich von einer ebenso grossen Meerforelle attackiert, welche unerbittlich versucht, ihm meinen Streamer aus dem Maul zu klauen. Unfassbar. Sie lässt auch nicht ab, als Nicolas versucht sie anstatt des Pollacks zu keschern, was ihm auch beinahe gelang. Sie verschwand erst , als wir den Pollack aus dem Wasser hoben. Das Fischen selbst ist relativ einfach, Fisch hält sich fast überall dort auf, wo entweder unter Wasser starke Gefälle (Berge, Kanten) sind oder wo Strömungskanten entstehen. Auch Gewässerverbauungen wie Häfen oder Brücken sind immer gute Stellen. Wer mit dem Boot nach guten Stellen sucht und diese auch wieder finden möchte, sollte auf alle Fälle ein Echolot und ein GPS Handgerät mit dabei haben. Beides hatte ich mir extra für Norge gekauft. Falls Bedarf besteht können sich Heartlander beides bei mir für ein bis zwei Trockenfliegen gerne ausleihen ;-). Im GPS sind sogar noch die Koordinaten aller Hot Spots.

Es gab eigentlich keine Tages- oder Nachtzeit, bei der wir keine Fische gefangen haben, nur um die Mittagszeit war ein wenig Flaute. Abgesehen mal von Makrelen und Hornhechten sollte man tagsüber relativ tief fischen (ab 7 Meter). Das reicht normalerweise schon aus um Bisse zu bekommen. Man muss auch gar nicht genau am Grund fischen. Ich hab Pollacks gesehen, die aus der Tiefe zum Köder in weniger als einem Meter unter der Wasseroberfläche geschossen sind, ihn genommen haben und im gleichen Tempo wieder mit ihm in der Tiefe verschwunden sind, egal wie fest die Bremse eingestellt war. In der Nacht tut es auch eine Trockenschnur, da viele Räuber an die Oberfläche kommen (wir haben sogar Plattfische an der Oberfläche rauben sehen!). Die Bisse kommen fast immer extrem hart, also Rute gut festhalten. Die meissten Fische (bis auf Hornhechte) haben auch gleich ordentlich Schur genommen. Es gibt schon einen ordentlichen Adrenalinstoss, wenn man mal eine halbe Stunde keinen Biss hatte und dann ein Seelachs, Pollack

oder Dorsch in 10 Metern Tiefe einsteigt und mit einem Ruck noch 10 Meter Schnur aus der Hand reisst!!! Das werde ich so schnell nicht vergessen! Was man auch nicht vergessen sollte ist ein langstieliger Kescher, da man oft von Felskanten, Stegen, oder Hafenmolen angelt. So, das war's erstmal in aller Kürze, mehr gibt's beim nächsten HFF Treffen. Es bleibt festzuhalten, dass Südnorwegen für wenig Geld ein Traumrevier für Fliegenfischer ist. Auch landschaftlich hat es mich begeistert. Ich werde spätestens nächstes Jahr wieder da sein, hat jemand Lust mitzukommen???
Übrigens, wer mal einen Tag nicht fischen gehen möchte, sollte sich unbedingt die Kanonen und Bunkeranlagen auf der Insel und Umgebung anschauen, von denen man meistens einen atemberaubenden Blick auf den Kristiansandfjord hat. Bild aus solch einem Bunker anbei. Nur sollte man nicht den Fehler machen, die Einheimischen unüberlegter Weise zu fragen, wer die Anlagen gebaut hat. Das ist mir heute noch peinlich.

Best fishes,

Nico

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