Fliegenfischen in Thailand im November 2006 HFFlogo
Ein paar Impressionen von Nico Popp

„wan-dschapla“ (thai) – so in etwa würde es aussehen, wenn Bewohner des Königreiches Thailand das beschreiben würden, was wir in Europa unter Fliegenfischen verstehen. Warum nur „so in etwa“? Nun, de facto existiert „unsere“ Art zu Fischen in Thailand nicht, oder habt ihr beides schonmal in Zusammenhang gebracht? Bestimmt nicht! Und das obwohl jedes Jahr Hunderttausende Deutsche dort Urlaub machen und damit rein statistisch Fliegenfischer schonmal ihre Füsse auf die Siam Halbinsel gesetzt haben müssen. Hmm, was ist da nur faul?
Ich kann es euch sagen: Es haben wahrscheinlich bis jetzt kaum ein paar Leute ausprobiert. Denn hätten sie es getan, würden viele von uns nicht gleich an Badeurlaub und Sex-Disneyland denken, wenn sie Thailand hören... Was macht man also, wenn man vor dem Backpack-Urlaub nix über Thailands Möglichkeiten im Fliegenfischen in Erfahrung bringen kann und auch Freund Google nichts Verwertbares liefert? Man baut man sich mit Gerds und Reiners Hilfe ein hübsches Rutenrohr aus Leder, welches prima an den Trekkingrucksack passt, stopft eine 5er und eine 7er Rute rein und nimmt an Fliegen ein möglichst breites Sortiment mit (dafür kann man die langen Pullover und Hosen zu Hause lassen ;-)! Denn eines ist für mich fest mit unserer Passion verbunden: das Entdecken und Erleben von Neuem. Und wo kann man das besser als auf unausgetrampelten Pfaden?
Da es nicht als Angelurlaub geplant war, habe ich auf der Trekkingtour mit meiner Freundin quer durch Thailand' atemberaubende Natur und Tempellandschaften nur an 2 Tagen gefischt. Davon einmal im Süss- und einmal im Salzwasser. Beides hat Lust auf mehr gemacht!

Süsswasserfischen
Dass Thailand ein breit gefächertes Flusssystem hat, wissen die meissten. Irgendwo muss ja das Wasser für die ungezählten Reisfelder herkommen. Auch dass praktisch jede Pfütze und jeder Graben voll mit Fisch ist, verwundert bei dem Nahrungsangebot aus den Reisfeldern und Shrimpfarmen kaum. Trotzdem sollte man sich schon ein wenig umschauen, wenn man mit der Fliege fischen möchte. Die wirklich grossen Flüsse wie der Mekong und der Chao Phraya haben zwar die grössten Fische (wir haben Cat-Fische um die 50kg gesehen), sie haben aber auch die Sichtigkeit von Milchkaffee. Empfehlen kann ich den Fluss Kwai, fast an der Grenze zu Myanmar, der auf jeden Fall einen Versuch wert ist. Ich hab zwar selbst dort nicht gefischt, aber ein Stück unseres Weges haben wir auf diesem Fluss per Floss und Elefant zurück gelegt. Im tiefen glasklaren Wasser haben wir grosse Fische rauben sehen. Die Natur ist hier einfach unvergleichlich schön. Auch an der Brücke, durch die der Fluss traurige Berühmtheit erlangte kochte zeitweise das Wasser... Wer sich näher informieren möchte, schaut einfach nochmal den Klassiker „Die Brücke am Kwai“ aus den späten 50ern von David Lean an.
Gefischt habe ich dann aber ganz woanders und viele von euch wird es einen kalten Schauer über den Rücken jagen, wenn ich euch sage, dass es in der Hochburg des Pauschaltourismus, der Neongötter und Souvenirbuden war. Richtig, Phuket!

Zum Glück bin ich dann nämlich doch noch auf Leute gestossen, die schonmal eine Fliegenrute gesehen haben und mehr oder weniger professionell guiden konnten. Und als wäre das noch nicht Glück genug, war einer von ihnen ein Norweger, der vor 9 Jahren bei einer geplanten Weltumsegelung in Thailand hängen geblieben ist (what a life). Und wie es der Zufall weiter will, stand er schon einmal im Numedal mit der Fliege (öfter aber auch nicht). Aber das reichte um ihn zu vermitteln nach was ich suchte. Und wir wurden fündig. Die Jungs – offiziell nennen sie sich ThaiFishingGuide, haben aber wirklich wenig Ahnung – unterhalten ein paar kleinere Seen auf dem Geländes des Phuket Zoo, die durch Kanäle miteinander verbunden sind und alle möglichen Fische beherbergen, von denen ich vorher noch nie etwas gehört hatte (Talapia, Pacus, Giant Guramis um nur einige zu nennen die ich mir merken konnte). Das Fischen hier ist sicherlich eine Grenzerfahrung. Zum Einen ist alles urwaldmässig zugewachsen, sodass das Werfen schwierig ist. Zum Anderen trifft man ab und an auf ein Tier des Zoos. Sicherlich nicht jedermanns Sache und gewöhnungsbedürftig. Allerdings wird man dafür mehr als entschädigt, wenn man zu einem der Räuber im See Kontakt bekommt. Erst hab ich mir noch meinen Teil gedacht, als mich mein Guide mitleidig belächelte (dabei war es schon das Salzwasser-Set) und mir einen Meter Schnur in die Hand drückte. Ich hab sie nicht nachgemessen, aber zweimal durch das Öhr meines 2er Streamerhakens passte sie nicht (ich schäzte sie auf eine mindestens 50er, eher noch mehr).

OK, hab den Spass mitgemacht – zum Glück! Während ich noch beim Anknoten meines Streamers war, trieben sich schon ein paar Pacus an der Oberfläche rum. Pacus sind enge Verwandte der Piranhas, nur viel grösser aber mit ebenso scharfen Zähnen (also Haken nie per Hand lösen). Sie sollten die stärksten Räuber im See sein und genau die wollte ich fangen! Nun ja, die Ernüchterung kam sehr schnell. Einerseits weil die Pacus zwar sehr gefrässig aber mindestens ebenso scheu sind und sich kaum anwerfen lassen. Auf der anderen Seite war ich ernüchtert als ich feststellen musste, dass zwar das Vorfach hielt, aber meine Haken der Belastung nicht gewachsen waren. Denn nach zirka einer halben Stunde hatte ich meinen ersten langersehnten Pacu-Biss und was für einer! Maximal fünf Meter vor meine Füssen, 7er Xi2 erst kreisrund, dann gerade in einer Flucht mit der Schnur da ich die Einhand nicht halten konnte und schon war der Fisch wieder weg. Was er hinterliess war ein Haken, der absolut gerade gezogen war und nur noch als Nadel einsetzbar war. Ab diesem Augenblick war mein Adrenalinspiegel auf einem Niveau, das meinen Hausarzt die Runzeln auf die Stirn getrieben hätte. Ich fuhr nun meine schwersten Geschütze (Streamer) bzw. Haken auf.

Beim nächsten Biss nur eine Stunde später hielt dann Gott sei dank zwar das Gerät – aber ich nicht. Einem Pacu von geschätzten 7 Kilo hatte ich mit meiner Ausrüstung nichts entgegen zu setzen. Da ich nicht den Bruch der Rute riskieren wollte, zog der Fisch binnen Sekunden die gesamte 200er Teeny sowie nochmal genauso viel Backing von der Rolle, verliess den See durch einen Kanal und umschwamm eine kleine Insel. Es war nur Glück, dass er sich selbst befreien konnte konnte und ich mein Zeugs wieder zusammen suchen durfte! Ich wechselte dann auf kleinere Streamer und bevor es Mittag wurde, konnte auch ich einmal triumphieren. Nach einem klasse Drill lag endlich ein 2 Kilo Pacu vor mir! Wahrscheinlich einer der wenigen, die bisher mit der Fliegenrute in Thailand gefangen wurden. So etwas vergisst man nicht.

Am Nachmittag wurde ich dann etwas ruhiger. Nicht weil mir der Antrieb fehlte, sondern weil wir Mitteleuropäer eben lieber bei 15 Grad auf pfundige Äschen fischen anstatt bei 35 Grad im Schatten uns körperlich an Mörderfischen zu verausgaben. Dennoch wurde ich noch mehrmals herausgefordert, aber viele Fische verlor ich wieder im Drill. Hier sind die Chancen eben anders verteilt und stehen eher auf Seiten der Fische.

Der Höhepunkt am Nachmittag war mein zweiter Pacu von sage und schreibe 3.5 Kilo, welchen ich nach langem Drill landen konnte. Meines Erachtens war dieser Drill sicher an der Grenze des Machbaren mit einer 7er Rute. Dass mich meine Guides ob der 15-Kilo Pacus die wir sahen, belächelten, hat mich nicht im geringsten gestört. Ein traumhafter Tag.

Vor Erschöpfung und weil ich auch noch eine zweite Fischart fangen wollte, hab ich noch mit einer 5er Rute und der guten alten Prawu auf Talapias (Barschartige) gefischt, die an leichtem Gerät ebenfalls super Drills lieferten. 8 Stück bis 45cm konnte ich so landen. Fazit: Die Fischerei mit der Fliege im Süsswasser Thailands macht Spass und bringt tolle kampfstarke Fische, die in ihrem Leben höchstwahrscheinlich noch nie eine Kunstfliege vor sich hatten. In den ruhigen Abendstunden haben Mandy und ich noch ein wenig thailändisch-traditionell geangelt, und zwar mit Stationärrolle, dicker Schnur und einer halben Banane als Köder. Alles sah aus wie eine uralte Wallerausrüstung, ohne die Banane versteht sich.

Ergebnis waren ein 4-Kilo Pacu für Mandy und

ein über einen Meter langer Catfish für mich (einer der kleineren im See).

Salzwasserfischen
Phuket ist schön aber auch Massentourismus pur und so sind Mandy und ich bald weiter gezogen. Es ging in Richtung Krabi and einen relativ abgelegenen Strand names Railey Beach, der nur mit Longtail-Booten zu erreichen ist und damit abends wunderbar ruhig liegt. Hier gab es keine Tuk-Tuks oder sonstige motorenbetriebene Fahrzeuge. Noch immer waren hier und auf den vorgelagerten Inseln nicht alle Spuren des Tsunami zu Weihnachten 2004 verschwunden, welcher tausende Menschen in den Tod riss. Schon ein mulmiges Gefühl, hier zu sein. Gewohnt haben wir in einer Art Baumhaus in den Wipfeln der Palmen für nur 5 Dollar pro Nacht. Komfort gabs dafür natürlich nur wenig, wollten wir ja auch nicht.

Dafür konnten wir einige Geckos zu unseren Haustieren zählen. Um mir einen ersten Überblick zu verschaffen was mich fischtechnisch erwarten würde, ging es am ersten Tag zum Schnorcheln. Wow. Viele bunte Korallen, Seeigel und noch buntere Fische bekamen wir zu sehen. Ab und zu flitzten auch ein paar Fische an uns vorbei, die vom Aussehen her an Permits erinnerten, aber relativ klein waren (so um die 30 cm).

Beim Frühstück am Strand konnten wir zudem andere Makrelenartige und Barracudas dabei beobachten, wie sie riesige Schwärme kleiner Fische ans Ufer trieben und sich dann die Bäuche vollschlugen. Es sah also alles sehr vielversprechend aus und ich freute mich schon auf meinen Angeltag.

Direkt am Strand wollte ich jedoch nicht fischen, da dort hin und wieder Touristen vorbei kamen die mich sicher ob meiner Fangerfolge befragt hätten und das kann ich beim Fliegenfischen nicht gebrauchen. Da ich ausserdem auch auf den vorgelagerten Inseln und Untiefen fischen wollte, mieteten wir uns eines der unzähligen Longtail-Boote inklusive Kapitän (mit ca. 20 Dollar pro Tag ein Schnäppchen). Es hat eine Weile gedauert bis wir erklärt hatten, dass wir vom Boot aus mit der Fliege fischen wollten und uns das Boot von einem Hotspot zum nächsten bringen sollte. Aber irgendwann war es dem Captain egal und er war einverstanden uns am nächsten Morgen um 6 Uhr früh abzuholen.

Was uns als erstes geboten wurde war ein traumhafter Sonnenaufgang während wir noch auf die erste kleinere Insel zusteuerten und ich meinen ersten Salzwasserstreamer anknotete. Leider passierte anglerisch an diesem Tag nicht sehr viel, obwohl wir ab und an ein paar Fische rauben sahen. Ich klopfte viele Felskanten, Korallenriffe, Untiefen und auch tiefe Löcher mit allen möglichen Streamervarianten ab. Aber ausser zwei extrem harten Bissen beim schnellen Einstrippen kurz unter der Oberfläche hatte ich keinen Kontakt zu einem Fisch.

Bei einem dieser Bisse wurde das Vorfach gesprengt noch ehe ich die Rute hochziehen konnte. Schade, in dem Wasser hätte ich mehr erwartet, zumal wir einen Tag später ein paar meiner Angelstellen wieder besuchten um im Freiwasser zu schnorcheln. Neben grossen Hornhechten sahen wir auch etliche Barracudas, Permits, andere Makrelenartige (sahen aus wie kleine Thunfische) sowie Unmengen verschiedenster Barsche. Schon komisch dass ich nichts gefangen habe, dabei gabs Fische im Überfluss, nur waren diese nicht in Fresslaune. Es war aber ein toller Tag auf dem Meer, den ich so schnell nicht vergessen werde. Am Abend wurde in unserem „Hotel“ trotzdem ein kleiner Schwertfisch und ein grosser Barracuda gegrillt, die beide unweit unseres Strandes gefangen wurden. Tja, Heimvorteil ist ja an der Nidda auch unglaublich wichtig.

Es bleibt festzuhalten, dass meine ersten fliegenfischereilichen Schritte auf der Malaiischen Halbinsel grosses Ausbaupotenzial besitzen. Es gibt tausende Kilometer unbefischter glasklarer Flüsse, Strände und Seen die es zu erforschen gilt. Mandy und ich werden sicher wieder kommen, nicht nur wegen der beeindruckenden Tempelbauten oder der unglaublich schönen Natur, sondern auch um Neues mit der Fliegenrute zu erleben.

Sawadeekaa,

Nico.

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